Sturm über dem Bosporus

29. Mai 1453: Sultan Mehmet lässt zum Sturmangriff auf Konstantinopel blasen. In den Wochen zuvor haben seine gigantischen Kanonen Breschen in die mächtigste Stadtmauer der Welt gelegt. Die erschöpften Verteidiger sind dem Angriff der Elitetruppen der Janitscharen nicht gewachsen. Die Metropole am Bosporus — die prächtigste Stadt der damaligen Epoche — fällt in die Hände der Osmanen. Der Weg nach Europa steht offen. Mit Hilfe von Experten analysiert der Film die Gründe für die erstaunliche Karriere des kleinen Turkstammes, der sich unter seinem Anführer Osman im 14. Jahrhundert in Anatolien festsetzte. Zwei Jahrhunderte später beherrschen die Nachfolger des ersten Sultans ein Reich, das sich von Ungarn bis an den Golf von Aden, von Algerien bis zum Iran erstreckte. Der Schlüssel zu den militärischen Erfolgen war die eiserne Disziplin der „Janitscharen“ — unter christlichen Kindern auf dem Balkan rekrutierte Elitesoldaten — und hervorragende Waffen, allen voran die osmanischen Bögen.

Mit einem wissenschaftlichen Experiment demonstriert der Film die Wirkungsweise der so genannten Reflexbögen, die durch ihre raffinierte Bauweise eine enorme Reichweite und Durchschlagskraft besaßen. Mit Schrecken und Faszination schaute Europa auf die neuen Herren am Bosporus, ihre exotische Welt aus „Tausendundeiner Nacht“. Nichts regte dabei die Phantasie mehr an als eine Geheimnis umwitterte Institution am Hof der Sultane: der Harem. Bis zu 300 Damen tummelten sich im innersten Bezirk des Istanbuler Topkapi-Palastes. Doch diese hermetisch verschlossene Welt war weniger von Erotik als von Intrigen und Machtkämpfen bestimmt. Die Suche nach der wahren Welt des Harems führt zu Geschichten über brutale Massenmorde. Denn ein neuer Sultan glaubte seine Macht nur dadurch sichern zu können, dass er die große Zahl seiner Halbbrüder und möglichen Konkurrenten aus dem Weg räumte. Die ungeklärte Nachfolge der Sultane — darüber sind sich Experten heute einig — war einer der Schwachpunkte des osmanischen Staatssystems. Der andere war die schiere Ausdehnung des Reiches. Mit der gescheiterten Belagerung Wiens 1683 hat das Imperium unter dem Halbmond seinen Zenit überschritten. Im Lauf der kommenden Jahrhunderte bröckelt es stetig an den Rändern, wechselt sein Image von der großen Bedrohung zum „kranken Mann am Bosporus“, der auf Gedeih und Verderb auf die finanzielle und militärische Unterstützung europäischer Staaten angewiesen ist.

Der Film folgt den Stationen seines langsamen Sterbens. In letzter Konsequenz — das ist das Fazit der Historiker — sind es europäische Gedanken und Visionen, die das morgenländische Imperium zu Fall bringen. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker — eine Idee, die in der Romantik formuliert wurde, ergriff zuerst die Bewohner des Balkans. Sie erhoben sich gegen den Sultan in Istanbul. Andere Teile des Reiches folgten. Die Niederlage im Ersten Weltkrieg an der Seite Deutschlands ließ den schon morschen Koloss endgültig zusammenbrechen. (Text ZDF)

Kritik:
In dieser ZDF-Dokumentation von 2006 gibt es einige historische Ungenauigkeiten und anderen Quellen widersprechende Zahlen, welche allerdings nur spezialisierten HistorikerInnen auffallen werden. Die Gesamtdarstellung ist aber durchaus gelungen. Diese Dokumentation ist durchaus empfehlenswert. Ergänzende Informationen finden Sie unter anderem bei Wikipedia oder in der nächstgelegenen grösseren Universitätsbibliothek.

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