(PAR) Die Staatspolitische Kommission des Ständerats nimmt endlich eine längst überfällige Diskussion auf. Was darf eine Volksinitiative verlangen und was nicht.
Gründe für eine Ablehnung sind heute die Einheit der Form, der Materie und das zwingende Völkerrecht. Ob diese Vorgaben erfüllt sind entscheidet ein politisches Gremium, nämlich das Parlament. Dass eine Mehrheit im Parlament darüber entscheidet, ob eine Initiative den Vorgaben entspricht ist an sich bereits eine interessante Begebenheit. Die Volksinitiative ermöglicht einer parlamentarischen Minderheit nämlich für sie wichtige Fragen direkt vor das Volks zu bringen, ohne dass die Mehrheit des Parlamentes zustimmen muss. In einer radikalisierteren Gesellschaft könnte die Parlamentsmehrheit ein solches Anliegen einfach als nichtig erklären und so die Abstimmung verhindern. Dass das Parlament über die Zulässigkeit einer Initiative entscheidet ist aus meiner Sicht deshalb in Frage zu stellen.
Jetzt diskutierte die Staatspolitische Kommission des Ständerates über etwaige Ergänzungen dieses Kriterienkataloges. Beispielsweise könnte das Diskriminierungsverbot, das Prinzip der Verhältnismässigkeit oder das Rückwirkungsverbot hinzugefügt werden. Der Ansatz des Ständerates greift aber einer Diskussion vor, die bis jetzt noch nicht geführt worden ist und die scheinbar niemand führen will – aus politischem Kalkül. Es geht nämlich um den Stellenwert von Rechtsstaat und Demokratie. Unser heutiges System bevorzugt die Demokratie sehr deutlich. Geltendes Recht ist nämlich für die Zulassung einer Volksinitiative mehr oder weniger irrelevant. Solange die Form gewahrt bleibt, ist die Initiative zulässig. Bei einer grösseren Gewichtung des geltenden Rechts müsste die Initiative geltende Rechtsgrundsätze berücksichtigen. Der Ansatz der Diskussion im Ständerat tut genau dies, aber hinter einem Schleier. Gesprochen wird nur über zusätzliche Elemente für die Gültigkeitsprüfung. Damit wird aber der Anschein erweckt, lediglich das Initiativrecht einschränken zu wollen. Solche Vorhaben haben meiner Meinung nach vor dem Volk kaum Chancen gehört zu werden.
Eine sinnvolle Diskussion würde die Gegenüberstellung und Gewichtung von Demokratie und Rechtsstaat einbeziehen. Eine breite gesellschaftliche Diskussion wäre angebracht und auch sinnvoller, als die blosse Ergänzung von ein paar zusätzlichen Kriterien für die Zulassung von Volksinitiativen.